Bei der Einräumung von Nutzungsrechten (sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG) von im Inland ansässigen Künstlern oder Künstlerinnen an im Ausland ansässige Lizenznehmer:innen macht es einen Unterschied, ob die Lizenznehmer:innen Unternehmen/unternehmerisch tätige Personen (B2B: Business to Business) oder Privatpersonen (B2C: Business to Consumer) sind.
Wie bei allen grenzüberschreitenden Geschäften, muss geprüft werden, in welchem Land die Umsatzsteuer abgeführt werden muss (wo) und wer die Umsatzsteuer abführen muss (wer).
Hinweis: EU – Drittland (außerhalb der EU)
Bei Einräumung von Nutzungsrechten an Lizenznehmer:innen aus dem Ausland, die Unternehmer:innen sind (B2B), macht es keinen Unterschied, ob sie aus einem Mitgliedstaat der EU oder aus einem Drittland (außerhalb der EU) kommen.
Bei Einräumung von Nutzungsrechten an Lizenznehmer:innen aus dem Ausland, die Privatpersonen sind (B2C), macht es nach deutschem Recht für die Bestimmung des Ortes der Leistung (wo) hingegen einen Unterschied, ob die Lizenznehmer:innen aus dem Ausland einem Mitgliedstaat der EU oder einem Drittland (außerhalb der EU) zuzuordnen sind.
Von B2B spricht man bei einer Lieferung und sonstigen Leistung, die ein:e Unternehmer:in gegen Entgelt im Rahmen seines oder ihres Unternehmens vornimmt. Auch Theater, Konzertveranstalter sowie Künstler:innen sind in der Regel Unternehmer:innen.
Verwenden in der EU ansässige Lizenznehmer:innen gegenüber den Künstlern oder Künstlerinnen keine USt-IdNr., so können die Künstler:innen grundsätzlich davon ausgehen, dass die Lizenznehmer:innen Nichtunternehmer:innen sind, sofern ihnen keine anderen Informationen vorliegen (Abschnitt 3a.2. UStAE).
Für diesen Fall gelten die Ausführungen zu Business to Consumer (B2C).
Die USt-IdNr. wird auf Anfrage an jede:n Unternehmer:in innerhalb der EU (und immer nur im Wohnsitzstaat) vergeben und gilt als Merkmal für die Unternehmereigenschaft.
Die USt-IdNr. ist zum Zeitpunkt der Lieferung zu prüfen. Dafür empfiehlt sich das qualifizierte Bestätigungsverfahren des Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
In welchem Land muss die Umsatzsteuer abgeführt werden (wo)?
Für die Ermittlung des Ortes der Leistung werden drei Prinzipien unterschieden: das Unternehmenssitzprinzip, Empfängerprinzip und das Tätigkeitsortprinzip. Bei B2B spielt das Empfängerprinzip eine Rolle.
Empfängerprinzip
Bei der Einräumung von Nutzungsrechten eines in Deutschland ansässigen Künstlers oder einer Künstlerin an eine:n Unternehmer:in aus dem Ausland (B2B), ist nach deutschem Recht Ort der Leistung nicht in Deutschland. Ob die Umsatzsteuer im Ausland abgeführt werden muss, richtet sich nach den nationalen Gesetzen des Landes, an dem der oder die Lizenznehmer:in seinen oder ihren Sitz hat.
Innerhalb der EU entspricht die Bestimmung des Ortes der Leistung häufig der deutschen Gesetzgebung, da diese auf eine Richtlinie der EU (Art 44 MwSt-SystemRL) zurückgeht. Ort der Leistung richtet sich demnach nach dem Empfängerprinzip, also dem Ort, an dem der oder die Lizenznehmer:in ansässig ist.
Wer muss die Umsatzsteuer abführen (wer)?
Wer die Umsatzsteuer bei der Einräumung von Nutzungsrechten im B2B Bereich abführen muss, richtet sich nach den nationalen Gesetzen des Landes, an dem die Umsatzsteuer abgeführt werden muss.
Innerhalb der EU entspricht die Bestimmung der Steuerschuldnerschaft (wer), in der Regel der deutschen Regel des § 13 b Abs. 5 UStG, da diese auf einer EU Regelung beruht (Art 64 Abs. 1 MwStSystRL). Bei der Einräumung von Nutzungsrechten im B2B Bereich innerhalb der EU muss demnach in der Regel der oder die Empfänger:in der Leistung, also der oder die Lizenznehmer:in, die Umsatzsteuer abführen. Dieses Verfahren nennt man die Umkehr der Steuerschuldnerschaft oder auch Reverse-Charge-Verfahren.
Sofern der Ort der Leistung in einem Drittland liegt (wo), richtet sich die Frage des „wer“, also der Steuerschuldnerschaft, nach den nationalen Gesetzen des Drittlandes. Einige Länder haben mit Deutschland vergleichbare Vorschriften (wie beispielsweise die Schweiz).
Eine in Deutschland ansässige Autorin räumt einem Theater in Frankreich Nutzungsrechte an einem Theaterstück ein. Das Theater in Frankreich muss die Umsatzsteuer abführen.
Hinweis zur Rechnungstellung:
Auf der Rechnung wird keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Die Autorin sollte ihre eigene USt-IdNr., die USt-IdNr. des Theaters (bzw. im Falle eines Drittlandes, einen vergleichbaren Nachweis der Unternehmereigenschaft), sowie einen Hinweis zur Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahren) auf der Rechnung vermerken. Der Hinweis sollte in der jeweiligen Landessprache erfolgen.
Der Empfänger der Leistung in Frankreich sollte sich demnach eine USt-IdNr. erteilen lassen, um diese dem Leistenden (dem Künstler) mitzuteilen. Anderenfalls trägt die leistende Künstlerin das Risiko, in Deutschland noch einmal für die Abführung der Umsatzsteuer belangt zu werden (Unternehmensprinzip). Die USt-IdNr. ist immer zum Zeitpunkt der Veranstaltung auf Gültigkeit zu überprüfen. Dafür empfiehlt sich das qualifizierte Bestätigungsverfahren des Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
Beispielformulierung zur Steuerschuldnerschaft
Bestimmt ist, dass Ort der Leistung nicht Deutschland ist. Dies könnte wie folgt auf der Rechnung formuliert werden: „Ort der Leistung ist nach § 3 a Abs. 2 UStG nicht Deutschland.“
Die nachfolgende Beispielsformulierung greift nur, sofern nach dem nationalen Recht des Ortes der Leistung eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft erfolgt. Der Hinweis auf die Umkehrung der Steuer ist in der jeweiligen Landessprache zu verfassen. Hierfür sollte Kontakt mit den Lizenznehmer:innen aufgenommen werden, um die nationale Rechtslage in Erfahrung zu bringen. Die IHK bietet eine Übersetzung der Formulierung „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ in allen EU-Sprachen hier.
Englische Beispielformulierung (die englische Übersetzung ist ohne Gewähr): "According to Section 3 a (2) UStG, the place of performance is not Germany. This invoice is issued without value added tax, as the reverse-charge procedure applies. VAT must be declared and paid by the recipient of the service."
Hinweis zur Kleinunternehmerregelung
Wie die Regelungen zur Kleinunternehmerschaft sind, richtet sich nach dem nationalen Recht des Auslandes.
Ab dem 1. Januar 2025 müssen die Mitgliedstaates der Europäischen Union eine Richtlinie umsetzen, wonach auch in Deutschland ansässige Unternehmer:innen sich auf die Kleinunternehmer:innenregel des Mitgliedstaates berufen können. Zu beachten ist, dass in diesem Fall jedoch die Schwellenwerte des Mitgliedstaates gelten. Diese können, abweichend von der deutschen Regel (ab 1. Januar 2025 – 25 000 Euro) auf bis zum 80 000 Euro belaufen. Voraussichtlich müssen sich die Unternehmer:innen für die Inanspruchnahme der EU-Kleinunternehmerregel in einem elektronischen Verfahren beim BZSt registrieren lassen, woraufhin das BZSt die EU-Kleinunternehmernummer erteilen wird. Der Umsatz muss sodann voraussichtlich vierteljährlich gemeldet werden, damit sichergestellt wird, dass die Umsatzgrenze von 100 000 Euro nicht überschritten wird.
In welchem Land muss die Umsatzsteuer abgeführt werden (wo)?
Lizenznehmer:in ist aus einem Mitgliedsstaat der EU
Unternehmenssitzprinzip
Bei der Einräumung von Nutzungsrechten eines im Inland ansässigen Künstlers oder einer Künstlerin an eine in einem Mitgliedstaat der EU ansässigen Privatperson (B2C), richtet sich der Ort der Leistung nach dem Ort, wo der oder die leistende Künstler:in seinen oder ihren Sitz hat (Unternehmenssitzprinzip, § 3a Abs. 1 UStG). Bei in Deutschland ansässigen Künstlern oder Künstlerinnen ist Deutschland Ort der Leistung. Die Umsatzsteuer muss somit in Deutschland abgeführt werden.
Wer muss die Umsatzsteuer abführen (wer)?
Lizenznehmer:in ist aus einem Mitgliedsstaat der EU
Die Umkehrung der Steuerschuld gilt nicht für den B2C Bereich. Somit müssen – wie als wenn kein Auslandsbezug vorliegen würden – die leistenden Künstler:innen die Umsatzsteuer abführen, sofern sie nach deutschem Recht einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz ausführen. Wenn sie in Deutschland Kleinunternehmer:innen sind, stellen sie also eine Rechnung ohne Umsatzsteuer.
Eine in Deutschland ansässige Fotografin räumt einer Privatperson in Schweden Nutzungsrechte an einer Fotografie ein. Ob Umsatzsteuer abgeführt werden muss, richtet sich nach deutschem Recht.
Hinweis zur Rechnungstellung:
Es erfolgt eine ganz „normale“ Rechnung, bei der die in Deutschland geltende Umsatzsteuer aufgeführt wird.
Wenn die Künstlerin Kleinunternehmerin ist, verweist sie auf ihrer Rechnung entsprechend auf ihren Kleinunternehmerstatus und weist keine Umsatzsteuer aus.
In welchem Land muss die Umsatzsteuer abgeführt werden (wo)?
Lizenznehmer:in ist aus einem Drittland (außerhalb der EU).
Empfängerprinzip
Bei der Einräumung von Nutzungsrechten eines im Inland ansässigen Künstlers oder einer Künstlerin an eine in einem Drittland (außerhalb der EU) ansässige Privatperson (B2C), richtet sich der Ort der Leistung nach dem Ort, an dem der oder die Empfänger:in der Leistung seinen Sitz hat (Empfängerprinzip nach § 3 a Abs. 4 Nr. 1 UStG).
Das Drittland ist also Ort der Leistung. Die Umsatzsteuer muss somit im Drittland abgeführt werden.
Wer muss die Umsatzsteuer abführen (wer)?
Lizenznehmer:in ist aus einem Drittland (außerhalb der EU)
Sofern der oder die Lizenznehmer:in in einem Drittland ansässig ist, richtet sich die Steuerschuldnerschaft nach dem nationalen Recht des Drittlandes.
Allerdings gilt die Umkehrung der Steuerschuld laut der nationalen Gesetzgebung der Drittländer meist nicht für den B2C Bereich. Die in Deutschland ansässigen Künstler:innen müssen demnach prüfen, ob sie sich im Drittland registrieren lassen und dort die Umsatzsteuer abführen müssen.
Eine in Deutschland ansässige Fotografin räumt einer Privatperson in China Nutzungsrechte an einer Fotografie ein.
Ob und wer Umsatzsteuer abgeführt werden muss, richtet sich nach chinesischem Recht. Sollte nach chinesischem Recht keine Abführung der Umsatzsteuer seitens der in Deutschland ansässigen Künstlerin geschuldet sein, so muss die Künstlerin überhaupt keine Umsatzsteuer abführen.
Informationen zur Umsatzsteuer bei Auslandsgeschäften in Kooperation mit Sonja Laaser, Kanzlei Laaser, Berlin