Arbeitnehmer:in ist, wer in einem Arbeitsverhältnis steht und von dem oder der Arbeitgeber:in abhängige, nach Art und Umfang weisungsgebundene, also persönlich unselbstständige Arbeit leistet. Im Kulturbereich betrifft dies bspw. Orchestermusiker:innen oder auch Schauspieler:innen, die in einem Ensemble sozialversicherungspflichtig engagiert sind.
Viele Künstler:innen und Kreative möchten in ihrer Berufsausübung gerne frei und selbstständig sein. Dennoch kann es aufgrund gesetzlicher Regelungen oder auch wirtschaftlicher Erwägungen von Vorteil sein, eine Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis auszuüben. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Unfall- und der Arbeitslosenversicherung (s. Sozialversicherung in Deutschland). Das Arbeitsrecht sieht darüber hinaus umfangreiche Rechte für Arbeitnehmer:innen vor, von denen selbstständig Tätige oftmals nicht oder nicht im gleichen Umfang profitieren können: Sie haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bei Erkrankung des Kindes, ggf. Kündigungsschutz u. v. m.
Doch wer gilt als angestellt? Die Rechtsprechung hat Kriterien entwickelt, um festzustellen, ob ein sozialversicherungspflichtiges Angestelltenverhältnis besteht. Im sogenannten Statusfeststellungsverfahren kann eine Tätigkeit ggf. auf Antrag durch die zuständige Deutsche Rentenversicherung Bund (Clearingstelle) geprüft werden.
Folgende Kriterien sind hinsichtlich der Feststellung relevant:
Einige Aspekte, die hinsichtlich des Arbeitnehmerstatus relevant sind, werden im Folgenden erläutert.
Deutschland hat seit 2015 den gesetzlichen Mindestlohn für Arbeitnehmer:innen eingeführt. Seit Januar 2024 beträgt dieser 12,41 Euro brutto je Zeitstunde.
Ausgenommen von der Regelung sind Langzeitarbeitslose (diese haben in den ersten sechs Monaten in einem neuen Job keinen Anspruch auf den Mindestlohn) und ehrenamtlich Tätige. Für Praktikanten und Praktikantinnen gilt der Mindestlohn nur unter bestimmten Voraussetzungen (s. auch Praktikum, Hospitanz etc.; weitere Informationen bietet die Website Praktikum.info oder auch das Portal Absolventa.
Der Mindestlohn gilt auch für ausländische Arbeitnehmer:innen, die in Deutschland für Organisationen und Unternehmen tätig sind, egal ob diese ihren Sitz im In- oder Ausland haben. Generell ist der Lohn abhängig vom Einstellungsort.
Hinweis: Gesetzliche Mindestlöhne gibt es nicht in allen europäischen Ländern. Aktuelle Daten finden sich bspw. bei eurostat.
Es wird zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen unterschieden.
Ein Künstler schließt mit einem Theater einen Vertrag für die Dauer einer Spielzeit. Der Vertrag ist ohne Sachgrund befristet. Eine Illustratorin erarbeitet für einen Verlag die Illustration eines Buches. Ihr Vertrag wird für die Dauer des Projekts, also mit Sachgrund, befristet.
Ein zeitlich befristeter Arbeitsvertrag endet durch das Erreichen eines bestimmten (Zeit‑)Punktes. Dies kann ein vorab festgelegter Zeitpunkt sein oder auch das Erreichen eines bestimmten vereinbarten Zwecks. Im letzteren Fall endet der zweckbefristete Arbeitsvertrag frühestens zwei Wochen nach der schriftlichen Mitteilung über die Zweckerreichung. Befristete Arbeitsverträge müssen schriftlich vereinbart werden, damit die Befristung wirksam ist.
Eine Zeitbefristung ist dann wirksam, wenn entweder ein bestimmter Sachgrund vorliegt oder wenn die Befristung maximal zwei Jahre beträgt. Ein Sachgrund könnte bspw. der Einsatz einer Vertretungskraft oder ein vorübergehender betrieblicher oder projektbezogener Mehrbedarf sein. Gibt es jeweils einen Sachgrund, können mehrere befristete Arbeitsverhältnisse hintereinander vereinbart werden, man spricht dann von einer Kettenbefristung. Eine zeitliche Höchstgrenze für die Gesamtdauer der hintereinander geschalteten Zeitverträge gibt es nicht. Ohne Sachgrund darf eine Befristung maximal zwei Jahre andauern. Innerhalb dieser zwei Jahre darf ein Arbeitsvertrag höchstens drei Mal befristet verlängert werden.
Eine Produktionsleiterin ist seit zwei Jahren an einem Theater angestellt und für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Nun möchte sie die Produktionsleitung für die Projekte einer freischaffenden Tänzerin übernehmen und ihre Arbeitszeit beim Theater reduzieren. Eine Kollegin kann ihre Wochenarbeitsstunden aufstocken und Aufgaben übernehmen, so dass das Theater dem Wunsch der Produktionsleiterin nachkommen kann.
Mit der Teilzeitrichtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997 wurden in der EU gesetzliche Regelungen eingeführt, die die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten verbieten und somit Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Möglichkeit geben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. In Deutschland ist die Richtlinie im Jahr 2001 umgesetzt worden: Demnach haben Arbeitnehmer:innen in Betrieben mit mehr als 15 Angestellten nach einer mindestens sechsmonatigen Beschäftigung einen Anspruch auf eine unbefristete Verringerung der Arbeitszeit – wenn nicht betriebliche Gründe dagegensprechen.
Auch die in Deutschland geltenden Regelungen zur Elternteilzeit beinhalten einen Anspruch auf eine befristete Teilzeittätigkeit, um Arbeit und Kindererziehung miteinander vereinbaren zu können. Auch schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch, wenn eine kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist.
Es wird zwischen einer geringfügigen Beschäftigung und einer kurzfristigen Beschäftigung unterschieden. Sowohl geringfügig als auch kurzfristig beschäftigte Personen sind nicht in der gesetzlichen Kranken‑, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Außerdem besteht eine Befreiungsmöglichkeit von der Rentenversicherungspflicht. Arbeitgeber:innen zahlen zwar Pauschalen zur Kranken- und Rentenversicherung, daraus folgt für den oder die Arbeitnehmer:in jedoch kein Krankenversicherungsschutz.
Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung – ein sogenannter Minijob – besteht, wenn das Arbeitsentgelt im Monat 538 Euro bzw. 6.456 Euro im Jahr (Stand: Januar 2024) nicht übersteigt. Arbeitnehmer:innen, die keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung ausüben, können mehrere Minijobs bei unterschiedlichen Arbeitgebern oder Arbeitgeberinnen ausüben. Die Arbeitsentgelte sind dann zusammenzurechnen. Wird durch alle Minijobs zusammen die monatliche Grenze von 538 Euro überschritten, so handelt es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Bei einem Entgelt zwischen 538,01 Euro und 2.000 Euro wird die Tätigkeit im sogenannten Übergangsbereich ausgeübt (Midijob). In diesem Fall besteht Sozialversicherungspflicht – der oder die Arbeitnehmer:in hat jedoch nur einen reduzierten Sozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Der Gesamtbeitrag und der Beitragsanteil der/des Arbeitnehmer:in werden über bestimmte Formeln berechnet; die Differenz zahlt der Arbeitgeber. Ein Übergangsbereichsrechner steht hier zur Verfügung.
Bei einem Arbeitsentgelt von insgesamt mehr als 2.000 Euro handelt es sich um keine geringfügige Beschäftigung mehr.
Als Arbeitgeber:in zahlt man die Sozialabgaben an die Einzugstellen. Bei einer geringfügigen Tätigkeit ist das in der Regel die Knappschaft. Der oder die Arbeitgeber:in muss über weitere Einkommen informiert werden, damit korrekt abgerechnet werden kann. Werden demzufolge alle geringfügigen Beschäftigungen unter 520 Euro entlohnt, ergeben zusammengerechnet aber einen höheren Lohn, liegt entweder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Übergangsbereich oder eine normale sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. In diesem Fall müssten alle Arbeitgeber:innen Sozialabgaben leisten.
Hinweis zur Lohnsteuer bei Minijobs: Das Arbeitsentgelt einer geringfügigen Beschäftigung ist stets steuerpflichtig, die Lohnsteuer wird dabei in der Regel pauschal erhoben und von dem oder der Arbeitgeber:in an die Minijob-Zentrale gezahlt. Das Steuerrecht unterscheidet zwischen einer 2-prozentigen einheitlichen Pauschsteuer und einer pauschalen Lohnsteuer von 20 % (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Der oder die Arbeitnehmer:in muss eine geringfügige Beschäftigung nicht in der Einkommensteuererklärung angeben.
Informationen hierzu bietet die Minijob-Zentrale.
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn die Tätigkeit nicht mehr als drei Monate (an fünf Arbeitstagen in der Woche) oder einzelne 70 Arbeitstage im Kalenderjahr dauert. Zusätzlich darf die Arbeit nicht berufsmäßig ausgeübt werden: Von einer nicht berufsmäßigen Beschäftigung wird ausgegangen, wenn die Beschäftigung neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ausgeübt wird oder bspw. zwischen Schulabschluss und Studienaufnahme oder nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben getätigt wird. Die Höhe des Verdienstes ist dabei unerheblich.
Eine Künstlerin arbeitet seit Jahresbeginn unbefristet als Arbeitnehmerin bei der Firma A und hat einen monatlichen Verdienst von 350 Euro. Im April nimmt sie zusätzlich eine unbefristete Anstellung bei der Firma B an, die ihr 75 Euro monatlich zahlt. Im September nimmt sie das Angebot einer kurzfristigen befristeten Beschäftigung der Firma C an. Sie arbeitet fünf Tage in den Monaten September und Oktober und verdient dadurch 400 Euro. Schließlich wird die Künstlerin im Dezember für die Firma D tätig, die für die unbefristete Beschäftigung 200 Euro monatlich zahlt.
Da neben der Tätigkeit für Firma A auch die kurzfristige Tätigkeit bei der Firma C berufsmäßig ausgeübt wurde, muss das Arbeitsentgelt in der Berechnung berücksichtigt werden: Für September und Oktober ergibt sich somit ein monatliches Gesamteinkommen von 825 Euro, für Dezember von 625 Euro. Das heißt, dass die Künstlerin bereits ab September in der Gleitzone und damit sozialversicherungspflichtig ist. Dies gilt für alle Arbeitnehmer:innen, für die sie in dem Zeitraum arbeitet.
Hinweis zur Lohnsteuer bei kurzfristigen Beschäftigungen: Auch kurzfristige Beschäftigungen sind steuerpflichtig. Die Lohnsteuer kann entweder nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (das heißt abhängig von der Steuerklasse) oder unter bestimmten Voraussetzungen pauschal mit 25 % (zzgl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) erhoben werden. Informationen dazu finden sich auf der Website der Minijob-Zentrale.
Arbeitnehmer:innen, die einen Minijob oder eine kurzfristige Beschäftigung ausüben, gelten als Teilzeitbeschäftigte. Sie haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie Vollzeitbeschäftigte, das heißt Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle etc.
Detaillierte Informationen zu beiden Beschäftigungsformen finden sich auf der Website der Minijob-Zentrale.
Unständig beschäftigt sind Arbeitnehmer:innen, die für einen Zeitraum von weniger als sieben Tagen am Stück (inkl. Samstage, Sonn- und Feiertage) bei einem oder einer Arbeitgeber:in beschäftigt sind. Unständige Beschäftigungen kommen häufig bei Rundfunk- oder Fernsehanstalten, bei Filmproduktionsfirmen oder Theatern vor. Die Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit ist oft schwierig. Wenn die Arbeitskraft jedoch für verschiedene Tätigkeiten zur Verfügung gestellt wird und nicht an die Erbringung einer bestimmten Leistung oder die Erstellung eines bestimmten Produktes geknüpft ist und ein Arbeitsvertrag besteht, dann ist die Tätigkeit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Grundsätzlich besteht Sozialversicherungspflicht für unständig Beschäftigte. Ausgenommen hiervon ist die Arbeitslosenversicherung. Eine Besonderheit gibt es auch bei der Krankenversicherung: Die Mitgliedschaft und damit der Versicherungsschutz des oder der unständig Beschäftigten besteht auch an Tagen fort, an denen er oder sie vorübergehend – aber maximal für drei Wochen! – nicht beschäftigt wird. Die Versicherung gilt in diesem Fall als fortbestehend ohne Beitragszahlung.
Ein Schauspieler arbeitet unregelmäßig für verschiedene Filmproduktionsfirmen (nie länger als ein paar Tage und mit Unterbrechungen, die in ihrer Länge 20 Tage nicht überschreiten). Als unständig Beschäftigter ist er durchgehend krankenversichert.
Informationen finden sich auf der Website des Bundesverbands Schaupiel oder bspw. auch bei der Techniker Krankenkasse.
Künstler:innen, die an Stadt- oder Staatstheatern und in Orchestern in Deutschland angestellt sind, verfügen in der Regel über eine Zusatzversicherung bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) bzw. der Versorgungsanstalt der Deutschen Kulturorchester. Dies ist eine zusätzliche Renten-Pflichtversicherung, die verhindern soll, dass Künstler:innen in die Altersarmut rutschen.
Seit 2011 müssen als Honorarkräfte beschäftigte Darsteller:innen und Musiker:innen ebenfalls zusatzversichert werden, wenn sie mehr als sieben Proben und Vorstellungen pro Jahr haben und pro Produktion an einem deutschen Stadt- oder Staatstheater oder in Orchestern arbeiten. Dies gilt auch für Künstler:innen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben.
Zwischen zwei Anstellungen bzw. nach Beendigung eines Angestelltenverhältnisses bspw. an einem Theater können sich selbstständig tätige Künstler:innen mit einem monatlichen Grundbeitrag von 12,50 Euro bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) selbst weiter versichern. Informationen stellt die VddB zur Verfügung; außerdem Informationen zur Versorgungsanstalt der Deutschen Kulturorchester.
Freiwillige Versicherung selbstständiger Künstler:innen: Selbstständige Künstler:innen der freien Theater- und Tanzszene können sich seit Anfang 2017 bei der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen freiwillig versichern. Weitere Informationen finden sich hier.
Sonderregelungen für Tanzgruppenmitglieder (Abfindung): Da Tänzer:innen den Bühnenberuf oft nur zeitlich begrenzt ausüben können, haben sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Abfindung aus der Versicherung bei der Versorgungsanstalt. Diese soll ihnen den Berufswechsel und die Gründung einer neuen Existenz erleichtern. Tänzer:innen sowie Tanzgruppenmitglieder erhalten die Abfindung frühestens nach Vollendung des 35. Lebensjahrs und spätestens zum Ende der Spielzeit, in der sie das 44. Lebensjahr vollenden und die Bühnentätigkeit beenden. Ferner müssen sie eine Umschulung oder Existenzgründung glaubhaft darlegen und dürfen keine Versorgungsleistungen (Ruhegeld wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) in Anspruch genommen haben. Die Regelungen gelten für Tänzer:innen und Tanzgruppenmitglieder, die seit 2011 versichert sind und den Bühnenberuf nach 2015 aufgeben. Ausführliche Informationen finden sich hier.
Weitere Informationen zur Bayerischen Bühnenversorgung u. a. zu den Fragen: Können sich Künstler:innen mit Wohnsitz im Ausland von der Versicherungspflicht befreien lassen? Können sich Künstler:innen mit Wohnsitz im Ausland gezahlte Beiträge erstatten lassen? etc. finden sich hier auf unserer Website.
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